Paced Bottle Feeding als achtsame Flaschenfütterung oder: Wie gebe ich meinem Baby die Flasche besonders liebevoll und beziehungsorientiert?

Ob Stillen mit Zufütterung oder Formula-Ernährung mit Pre, es gibt verschiedene Gründe, warum euer Kind (auch) mit der Flasche ernährt wird.

Vielleicht hat das mit dem Stillen nicht so geklappt, wie ihr euch das vorgestellt habt und ihr müsst zufüttern. Lasst uns gern schauen, welche Möglichkeiten es gibt und was ihr vielleicht tun könnt. Vielleicht passen aber die anderen Methoden zur Zufütterung wie Becher, Löffel oder Brusternährungsset nicht so recht zu euch und ihr habt euch deshalb für die Flasche entschieden?

Vielleicht habt ihr euch auch ganz bewusst dazu entschieden, euer Kind mit Formula-Nahrung und somit mit der Flasche zu ernähren?

Was auch immer der Grund sein mag…
Es ist euch wichtig, dass das Füttern ganz nach den Bedürfnissen eures Kindes abläuft.
Ihr wünscht euch eine innige Beziehung zueinander und möchtet dafür auch die vielen Essenssituationen am Tag nutzen.
Und vielleicht habt ihr auch gehört, dass sich eventuelle Verdauungsprobleme damit beheben lassen.

Lasst uns also zusammen schauen, wie denn diese ominöse Fütterung am besten funktioniert.


Gute Vorbereitung hilft – macht es euch so angenehm wie möglich

Zuerst sucht ihr euch einen bequemen Platz, zum Beispiel auf dem Sofa, in einem gemütlichen Sessel oder im Bett. Ihr seid da ganz frei und ihr werdet sehen: wenn ihr etwas Übung habt, geht es dann auch überall. Trotzdem kann sich ein fester Platz dafür, genau wie beim Stillen auch, bewährt machen. Ihr spart euch dann nämlich jedes Mal die „Einrichtung“.
Denn ich lege euch ans Herz, euch auch gut um euch zu kümmern! Deshalb stellt euch etwas zu trinken bereit, vielleicht auch eine Kleinigkeit zu essen oder ein paar Snacks – was immer ihr braucht, um euch wohl zu fühlen.

Und dann legt euch Kissen parat oder vielleicht auch eine Decke. Ihr solltet etwas zur Hand haben, damit ihr einerseits bequem sitzt und andererseits Material da ist, mit dem ihr euren Arm eventuell stützen könnt, wenn ihr das Kind haltet. Je nachdem wird das vielleicht aber auch von einer (Sofa)Lehne erledigt.
Eine Mullwindel in der Nähe kann ebenfalls gute Dienste leisten.

Wenn ihr all das immer bereit habt, könnt ihr auch schneller reagieren, wenn euer Kind unruhig wird und die ersten Hungerzeichen zeigt.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um die abgepumpte Milch oder Nahrung zuzubereiten.

Gut Ding braucht Weile
Und jetzt geht es endlich ans eigentliche Füttern.

Nehmt euer Baby und die Flasche mit zu eurem gemütlichen Fütterplatz. Setzt euch bequem hin, sprecht mit eurem Kind, nehmt Augenkontakt auf.
Euer Baby sollte möglichst aufrecht auf eurem Schoß sitzen, den Kopf in eurer Ellenbeuge, die Beine bequem gestützt oder abgelegt.

Als nächstes bietet ihr eurem kleinen Schatz die Flasche an, indem ihr sanft mit dem Nippel des Saugers mittig über die Lippen streicht. Das Kind sollte den Mund nun selbst öffnen, sodass ihr den Saugzapfen in den Mund stecken könnt. Manchmal saugen die Kinder ihn auch selbst ein.
Bitte nichts einfach „reinstecken“, die Kontrolle sollte wirklich das Baby haben, auch wenn sich das vielleicht erstmal komisch anfühlt.

Jetzt könnt ihr zusehen, wie euer Baby anfängt zu nuckeln. Anfangs vielleicht noch relativ schnell. Das würde es an der Brust beim Stillen ebenfalls tun, um den Milchfluss überhaupt erst anzuregen.
Mit der Zeit wird das Saugen dann aber rhythmischer und langsamer, ihr hört und seht, wie das Kind einige wenige Male schluckt bis es dann wieder beginnt zu nuckeln oder ganz aufhört. Hiermit zeigt es euch, dass es eine Trinkpause braucht.
Und bald schon geht es wieder weiter mit dem Saugen, Nuckeln, Pause, Saugen, Nuckeln….

Ihr merkt schon, dass hier eine Mahlzeit länger als nur ein paar Minuten dauert. Und genau das ist auch die Idee hinter „paced“ – es geht um ein langsames und somit physiologisches, also „dem Körper entsprechendes“ Tempo bei der Nahrungsaufnahme.
Das führt dann auch wieder zu weniger Verdauungsproblemen. Die Zeit, die das Füttern länger dauert, spart ihr dann vielleicht ein beim Beheben von Blähungen und Bauchschmerzen. Ganz abgesehen davon, dass es ohne diese Beschwerden eurem Baby natürlich besser geht.
Eine angemessene Dauer der Fütterung sind zum Beispiel 15 bis 20 Minuten.

Worauf ihr noch achten solltet
Um das Ganze noch mehr so zu gestalten, dass die Trinksituation dem Stillen nachempfunden ist, achtet bitte darauf die Flasche nur wenig mehr als waagerecht, also etwa parallel zum Fußboden zu halten. Dabei sollte der Sauger nicht komplett mit Milch(nahrung) gefüllt sein, sondern nur der Saugzapfen. Ihr seht also sozusagen einen Flüssigkeitsspiegel.

Diese Haltung führt dazu, dass die Nahrung deutlich langsamer aus dem Sauger läuft, sodass euer Kind Zeit hat in Ruhe zu trinken und auch ein Gespür für die Sättigung zu entwickeln. Es kann so auch den Fluss selbst besser regulieren (also auch „pacen“) und wird animiert wirklich selbst aktiv zu saugen.

Vielleicht mögt ihr selbst mal den Unterschied anschauen?
Dann haltet nach der Zubereitung der Flasche diese einmal kopfüber über das Spülbecken und schaut, wie schnell die Tropfen herauskommen. Ideal ist ein Tropfen pro Sekunde. Das ist nur bei wenigen Saugern gegeben.
Zum Vergleich haltet dann die Flasche in etwa waagerecht und vergleicht, wie schnell die Tropfen jetzt fließen.

Ihr braucht übrigens keine Sorge haben, dass euer Baby wegen der Luft im Sauger diese auch schluckt. Es kommt nur sehr wenig davon überhaupt aus der Flasche heraus und die Menge, die es wirklich bis ins Kind schafft, kommt auf dem gleichen Wege wieder heraus – nämlich als Aufstoßen nach der Mahlzeit. Vermehrte Blähungen sind durch diese Art der Fütterung nicht zu befürchten – ganz im Gegenteil.

Wie war das jetzt mit den Pausen?
Die kurzen Unterbrechungen während der Fütterung ermöglichen eurem Kind in Ruhe Luft zu holen, die Mahlzeit als etwas Schönes, das man genießen kann, zu erleben und auch ein Gefühl für seine Sättigung zu bekommen. Auch wir Erwachsenen sollten ja eigentlich viel langsamer essen, als wir das meist im Alltag so tun…

Um die Pausen zu ermöglichen, senkt die Flasche aus der Waagerechten einfach ein wenig ab, um den Milchfluss zu stoppen.
Wenn ihr den Eindruck habt, euer Kind möchte den Sauger währenddessen komplett los werden, könnt ihr ihn auch in einer Drehbewegung über den Mundwinkel aus dem Mund herausnehmen und danach wieder anbieten wie ganz am Anfang.

Etwa nach der Hälfte der Mahlzeit gönnt ihr eurem Kind eine längere Pause, nehmt es kurz hoch und kuschelt ein wenig. Vielleicht möchte es auch aufstoßen.

Nach der Pause fangt ihr wieder an wie oben beschrieben – jetzt nur mit einem Seitenwechsel. Wenn ihr also euer Baby zuerst im rechten Arm hattet, nehmt ihr es jetzt in euren linken und legt von vorne los.
So wird die Gehirnentwicklung unterstützt und euer Kind entwickelt nicht so leicht eine „Lieblingsseite“.

Diese Empfehlung gilt für die ersten drei bis vier Monate und darüber hinaus so lange, wie ihr und euer Kind euch damit wohlfühlt. Später ist es dann auch möglich einfach pro Mahlzeit die Seite zu wechseln.

Satt und glücklich
Irgendwann werdet ihr dann bemerken, dass euer kleiner Schatz nach einer Pause nicht weiter trinken möchte. Die Hände sind entspannt, die Unruhe verflogen, euer Baby zufrieden und vielleicht sogar eingeschlafen.
Jetzt könnt ihr nach Herzenslust weiter kuscheln, spielen, miteinander brabbeln oder was auch immer ihr sonst gern zusammen macht.

Ein Video, in dem ihr nochmal ganz genau schauen könnt, findet ihr hier.

Ein kleiner Trick zur Selbstüberlistung
Wir Menschen sind darauf ausgelegt, möglichst alles zu kontrollieren. Die meisten von uns fühlen sich irgendwie wohler, wenn sie Zahlen, Daten und Fakten kennen und die Fütterung mit der Flasche führt natürlich auch dazu, dass wir das überhaupt können – im Gegensatz zum Stillen, bei dem wir nie genau wissen, wieviel unser Kind getrunken hat.
Um das zu umgehen, könnt ihr eine Socke über die Flasche ziehen. So seht ihr nicht, wieviel euer Kind schon getrunken hat bzw. wieviel noch in der Flasche ist und könnt euch voll und ganz auf euer Kind und seine Sättigungszeichen konzentrieren.

Wenn es (zum Beispiel beim Zufüttern) wichtig ist die genauen Nahrungsmengen zu kennen, könnt ihr einfach nach Ende der Fütterung schauen, welche Restmenge noch enthalten ist und diese von der ursprünglichen Füllung abziehen.

Üben, üben, üben
Zum Schluss noch: Gebt euch Zeit, übt, gewöhnt euch an diese für euch vielleicht neue Art der Fütterung. Sie fühlt sich wahrscheinlich anfangs noch sehr ungewohnt an, aber bestimmt werdet ihr bald zusammen mit eurem Kind zu echten Profis und könnt die Zeiten der Nahrungsaufnahme gemeinsam ganz wunderbar bindungs- und beziehungsfördernd genießen.

Ich wünsche euch dabei viel Freude und eine wunderschöne, verbindende Zeit.

Wenn ihr Unterstützung braucht oder eure Situation gemeinsam mit mir ganz individuell anschauen wollt, meldet euch gern bei mir.

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